Versöhnung

You don’t need me to tell you
What’s gone wrong
You know what’s going on
But it seems to me we’ve not cared enough
or confided in each other at all
It seems that we’ve all got our backs
against the wall.

(Freddy Mercury – Time waits for no one)


Der amerikanische Künstler Alexander Calder gilt als der Erfinder beweglicher Kunstwerke, die wir alle als Mobiles kennen. Das Wunderschöne an diesen Mobiles ist ihre Ausgewogenheit in der Bewegung. Er selbst meinte „It is a matter of harmonizing these movements, thus arriving at a new possibility for beauty.“

Immer wenn ich an Familiensysteme denke, fallen mir diese Mobiles ein. Etwas anders aussehend als die von Calder konstruierten, aber alle Elemente sind miteinander verbunden und nach jeder Bewegung, jedem Windhauch oder auch jedem Sturm kann sich auch dieses Gebilde wieder beruhigen.
Nur meist nicht einfach so! Wir, die wir uns in diesem System bewegen und in ihm handeln, müssen hierzu einen Beitrag leisten.

Das Zauberwort hierfür heißt „Versöhnung“, und zwar im erweiterten Sinne!

Vermutlich fällt uns allen jetzt sofort eine Person oder eine Situation in der eigenen Familie ein, mit der eine Versöhnung unmöglich erscheint. Und innerlich spüren wir gleich eine Abneigung gegen das vermeintliche „Friede, Freude, Eierkuchen“. Vielleicht haben wir uns schon damit abgefunden, dass wir mit unseren Eltern oder mit den Geschwistern, mit Tante und Onkel oder auch weitläufigeren Verwandten nur sehr reduzierten, meist eher gezwungenermaßen Kontakt haben. Eventuell besuchen wir sie gar nicht mehr und sprechen auch nicht mit ihnen. Oft fällt dann der Satz: „Die brauche ich echt nicht, damit es mir gut geht!“.

Wenn wir nun wieder an das Mobile denken, ist das so, als hätten wir eine oder mehrere Figuren dieses ausgewogenen Systems einfach innerlich abgeschnitten. Sicher können wir uns bildlich vorstellen, was dann passiert ist: Das Konstrukt „hängt“ schief. Auch andere Menschen in dem System sind von unserer Entscheidung betroffen – sie „verknoten“ sich, sie hängen außerhalb des familiären Konstrukts und wissen oft gar nicht so recht, wie sie dies ändern können.

Bei der Versöhnung und der daraus resultierenden harmonisierenden Wirkung auf unser Familien-Mobile geht es in erster Linie darum, uns innerlich mit diesen Situationen und Menschen auszusöhnen.

Sozusagen, wieder Bewegung ins System zu bringen. Wir müssen nicht unbedingt direkt auf diejenigen zugehen und allen Ärger und Frust versuchen zu glätten. Das scheint manchmal unmöglich. Aber wenn wir es schaffen, aus eigener Kraft erneut und im wörtlichen Sinne von einem anderen Standpunkt auf den Auslöser für dieses Abwenden, diese Trennung zu schauen, dann merken wir meist eine Form von innerlicher Erleichterung und Entspannung.
Vielleicht können wir nun eher verstehen, warum unser Gegenüber so gehandelt hat oder etwas Derartiges gesagt hat. Und anstatt uns zurückzuziehen und gar nicht mehr miteinander zu reden, eröffnet sich dadurch auch die Möglichkeit, ein klares Wort zu sprechen – adäquat auf Augenhöhe und nicht vorwurfsvoll oder beleidigt. Nach einer gewissen Zeit werden wir bemerken, wie unser familiäres Mobile sich wieder austariert und harmonisiert und dazu haben wir einen Beitrag geleistet, auf den wir stolz sein können.

Ich wünsche Ihnen allen eine geruhsame Weihnachtszeit in diesen ungewöhnlichen Tagen!

Meine Wegbegleiter