Grenzen

Über den Wolken
muss die Freiheit wohl grenzenlos sein,
alle Ängste, alle Sorgen, sagt man,
blieben darunter verborgen, und dann
würde, was uns groß und wichtig erscheint
plötzlich nichtig und klein.

(Reinhard Mey – Über den Wolken)


Mein Großvater hatte einen wunderschönen Garten mit einem Birnbaum und einem Pflaumenbaum. Es gab Sträucher mit Johannisbeeren, am Boden wuchsen Erdbeeren und sogar Gurken. Immer wenn wir dorthin gingen, freuten wir uns darauf. Das Gartentürchen ging auf, und wir waren in seinem abgegrenzten Reich. Natürlich war der Zaun um den Garten immer ordentlich gepflegt, so dass nicht irgendwer einfach dort hineingehen konnte. Dazu brauchte es die Erlaubnis meines Großvaters und das Öffnen des Türchens.

In meiner Erinnerung gab es dort durchaus andere Gärten, die man einfach betreten konnte, weil der Zaun an vielen Stellen so große Löcher aufwies, dass die Tür sowieso keinen Nutzen hatte. Ob sich dort jemand an Obst und Gemüse bedient hat, weiß ich nicht, aber ich könnte es mir gut vorstellen.

Mit unseren persönlichen Grenzen verhält es sich sehr ähnlich wie in dieser kleinen Geschichte. Wir müssen uns unser ganzes Leben immer wieder von Neuem fragen, ob wir einen engen „Zaun“ um uns ziehen oder ob er auch zeitweise weiter sein darf.

Unsere innere Verfassung und Haltung haben einen großen Einfluss darauf, wie groß das Terrain ist, das wir „bepflanzen“ und wann und für wen wir die „Tür“ öffnen.

Diese Grenzsetzung beeinflusst unser Verhalten gegenüber allen Menschen in unserer Umgebung.

Manchmal haben wir das Gefühl, dass der Zaun offensichtlich Löcher hat und jemand uns einfach, ohne zu fragen, sehr nah kommt. Welche Pflöcke müssen wir noch setzen, um den Zaun beziehungsweise unsere Grenze wieder klar wahrnehmbar zu machen?

Es ist wichtig, sich bewusst für Andere zu öffnen oder auch einmal Nein zu sagen. Auf diese Weise achten wir auf unseren „inneren Garten“ und verschenken dessen Früchte immer nur, wenn wir es wollen.

Für unsere Herausforderungen im Alltag haben diese Grenzen jedoch auch eine große Bedeutung. Das Leben in der sogenannten Komfortzone, die ja synonym für den abgegrenzten Bereich stehen kann, ist temporär ganz schön und bequem. Neue Erfahrungen machen wir jedoch nur, wenn wir ab und an darüber hinaus gehen. Bewusst natürlich und nicht einfach so! Wenn wir diese neue Erfahrung klar sehen und für unsere Zukunft nutzen wollen, geht dies nur mit offenen Augen und offenem Herzen. Und dann haben wir in einer Ecke unseres „inneren Gartens“ einen „Pflock“ versetzt und schauen etwas anders oder ganz neu auf einen Aspekt des Lebens.

Meine Wegbegleiter